Erinnerungen an den Deutschen Schulpreis
Berlin, Berlin, wir waren in Berlin…
Die Gesamtschule Höhscheid fuhr zur Verleihung des Deutschen Schulpreises nach Berlin
Ich möchte mit diesem Bericht den Weg des diesjährigen Wettbewerbs darstellen, da wir uns für die nächste Runde, also die letzten fünfzehn Schulen, qualifiziert hatten. Somit wurden wir zur Siegerehrung nach Berlin eingeladen. Doch warum sollten unsere persönlichen Erlebnisse bei diesem Wettbewerb für Andere lesenswert sein? Deshalb habe ich Überschriften für die Etappen nach und in Berlin gefunden, die Gründe für Ihre Schule darstellen können, sich auch für den Deutschen Schulpreis zu bewerben. Denn so viel sei an dieser Stelle schon verraten: für uns hat es sich auf jeden Fall gelohnt!
Beim Deutschen Schulpreis werden Gemeinsamkeiten (nach der Pandemie wieder) gestärkt.
Uns ist das kooperative Lernen besonders wichtig. Deshalb hatten wir vereinbart, dass in den Klassenräumen jeweils zwei Doppeltische in einem rechten Winkel zu einer Tischgruppe angeordnet sind. Während der Pandemie hielten wir uns phasenweise mit kooperativen Lernarrangements zurück. So veränderte sich in vielen Klassen die Tischordnung kontinuierlich zu einer frontalorientierten. Deshalb gaben wir als Schulleitung eine Checkliste zur Vorbereitung auf den Jurybesuch heraus. Hier war zum Beispiel die Winkeltischanordnung mit aufgeführt. Alle haben dann ihre Klassen nach unseren alten Vereinbarungen hergerichtet und Rituale etc. wiederbelebt die in den letzten Monaten verschütt gegangen waren.
Der Wettbewerbsgedanke ist auch bei den Schülerinnen und Schülern angekommen. Sie wollten „Ihre“ Schule in einem guten Licht präsentieren. Dafür machten sie zusätzlichen Ordnungsdienst, haben sich für den Hospitationstag schick angezogen oder begrüßten die Jury sehr freundlich. Alles Verhaltensweisen, die im Alltag nicht durchgängig gezeigt werden.
Beim Deutschen Schulpreis gibt es eine wertschätzende Rückmeldung.
Im März 2021 hatten wir die Qualitätsanalyse im Haus. Nach einer konstruktiven Vorphase, erlebte ich unsere Prüferinnen als defizitorientierte Kontrolleurinnen mit Pokerface. Das gestaltete sich bei unserer Jury vom Schulpreis ganz anders. Sie lächelten und lachten viel. Sie bedankten sich nach einer Hospitation bei der Lehrkraft. Sie fragten freundlich nach weiteren Unterlagen oder stellten Fragen, wenn sie etwas nicht verstanden hatten. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass sie Interesse an unserer Schule hatten und sie kennenlernen wollten. Anschließend gaben Sie eine stärkenorientierte Rückmeldung, die wie eine warme Dusche war. Diese gab ich auch an das Kollegium weiter, was sich gesehen und bestärkt fühlte.
Nach dem Jurybesuch hörten wir einige Zeit nichts von weiteren Ergebnissen. Erst in den Sommerferien, ich stand gerade nach dem Segeln während der Warnemünder Woche auf einem Schotterparkplatz zwischen den Wohnmobilen, erfuhr ich, dass wir unter den nominierten Schulen (letzte 15) waren. Am ersten gemeinsamen Tag nach den Sommerferien stießen wir mit dem gesamten Kollegium auf diesen Erfolg an. Einige Lehrkräfte waren sogar einige Millimeter gewachsen, so habe ich es mir zumindest eingebildet.
Beim Deutschen Schulpreis kommt man in Kommunikation.
Am 27. September machten wir uns endlich auf den Weg nach Berlin. Von der Bosch-Stiftung wurden fünf Personen gesponsort, davon mussten drei Schülerinnen oder Schüler sein. Fünf weitere Personen durften noch zusätzlich mitfahren, wurden jedoch nicht gesponsort und konnten nicht an allen Aktivitäten teilnehmen. Wir sind mit elf Personen gefahren. Mit von der Partie waren noch die Schulpflegschaftsvorsitzende und eine Kooperationspartnerin eines Start-ups, mit der wir eine Lernplattform (Scobees) weiterentwickeln. Die Auswahl war nicht einfach, doch mit der Öffnung der Mitfahrt gab es für die Hochmotivierten noch die Möglichkeit der Teilnahme.
Wir starteten am Wuppertaler Hauptbahnhof mit einem Gruppenfoto und einer Verspätung der Bahn. Hier zeigte sich schon die Konstellation der Kommunikation für die kommenden zwei Tage und Bahnfahrten: jeder mit jedem. Wir hatten zwar Sitzplatzreservierungen im Großraumabteil, doch die Plätze wurden häufig gewechselt, so dass man immer wieder mit jemandem anderen seine Themen austauschen konnte. Häufig wurde die Frage „Was ist das Besondere an unserer Schule?“ oder „Warum bist Du an dieser Schule?“ diskutiert. Das war auch die beste Einstimmung für mögliche Interviewfragen von Moderator:innen oder Journalist:innen auf den kommenden Veranstaltungen.
Beim Deutschen Schulpreis erfährt man von anderen Schulsystemen.
Als wir in Berlin ankamen, hatten wir genug Zeit unser Gepäck im Hotel abzuliefern. Die fünf gesponsorten Personen mussten dann direkt zur Einstimmungsveranstaltung; die anderen gingen etwas essen. Auf der Einführungsveranstaltung stellten sich alle 15 Schulen mit einem typischen Gegenstand vor. Anschließend wurde jede Schule durch Mirko Drotschmann („Mister Wissen to go“ und Terra X Moderator) kurz interviewt. Unterbrochen wurden die Schulvorstellungen von kurzen Murmelphasen aller Anwesenden. Das lockerte die Stimmung mächtig auf. Wir merkten, dass hier auch nur Menschen waren, die mit Wasser kochten und ähnliche Eindrücke mitbrachten.
Beim Deutschen Schulpreis hat man Spaß.
Danach gab es ein Burgerbüffet mit Salaten und Nachtisch. Getränke standen auch bereit. Beim Essen mischten sich schon einige Schuldelegationen. Gesprächskreise wurden immer größer. Selfies mit Mirko konnten gemacht werden. Dann gab es die Möglichkeit an großen Geschicklichkeits- und Gesellschaftsspielen sein Glück zu machen. Wo waren die elitären Gymnasien? Die Gruppe der Gesamtschule Höhscheid war weit verstreut und kam mit so mancher Delegationen in Kontakt. Dabei entdeckten wir die Fotobox mit Verkleidungen und die Lutzie ging ab... Hier waren wir unter den letzten drei Schulen, die zum Hotel gegangen sind. War das ein Omen für den nächsten Tag?
Beim Deutschen Schulpreis bekommt man Einblicke in den Alltag der anderen Schulen.
Nach einigen Umwegen erreichten wir die Hotelbar, wo der Rest der Gruppe schon gemütlich zusammensaß. Als wir mitbekommen hatten, dass in der Skybar des Hotels (18. Etage) eine andere Schule saß, machten wir uns auf dem Weg dorthin. Es war die Ganztagsgemeinschaftsschule G. E. Lessing aus Sachsen-Anhalt. Schnell bildeten wir einen großen Gesprächskreis und tauschten Infos über unsere Konzepte und Rahmenbedingungen aus. Erschreckend war, dass die Sachsen-Anhaltiner eine Lehrerversorgung haben, mit der sie als Ganztagsschule nur halbtags an vier Tagen in der Woche Unterricht anbieten können, da akuter Lehrermangel herrscht. Die kreativen Wege im Umgang damit, haben mich nachhaltig beeindruckt.
Leider beendete die Bar schon um 01:00 Uhr den Ausschank, so dass der feucht-fröhliche Abend nur noch kurz dauerte. Hier waren wir unter den letzten zwei Schulen. Ein Omen?
Beim Deutschen Schulpreis erlebt man Spannung.
Das Frühstück am nächsten Morgen war sehr reichhaltig. Wir saßen in kleineren Gruppen zusammen und merkten, dass wir bezüglich der Siegerehrung nervös wurden. Mit der Ganztagsgemeinschaftsschule G. E. Lessing wollten wir gemeinsam zum Veranstaltungsort fahren. Da wir mehr als andere wieder mit Gruppenfotos und Social-Media-Aktivitäten beschäftigt waren, kamen wir allerdings etwas später los. Die Bushaltestelle war vor dem Hotel, deshalb zogen wir ohne größere Hektik los. Doch der geplante Bus kam nicht. Nach 10 Minuten fragten wir einen anderen Busfahrer, der berichtete, dass unsere Buslinie aufgrund eines Lehrerstreiks eingestellt wurde. Mit etwas Hektik zogen wir zur U-Bahn; nun war der Fußweg etwas länger. Als wir an der in der Einladung veröffentlichten Adresse ankamen, fanden wir die entsprechende Location nicht. Das machte jedoch nichts, da noch andere suchende Schulen schon Hinweisschilder gefunden hatten, wie wir zum E-Werk gelangen könnten. Endlich angekommen, machten wir mit dem Veranstaltungsplakat noch ein kurzes Gruppenfoto. So kamen wir als letzte Schule an. Das Organisationsteam wartete schon auf uns. Beim Check-In stürzte auch noch der Computer ab. Das brachte uns die extra schnelle Durchwinkaktion ein und wir wurden sofort zur Veranstaltungsprobe ins Studio gebracht. Dort saßen wir als fünfte Schule; war es ein Omen?
Beim Deutschen Schulpreis kann man etwas gewinnen.
Bei der Veranstaltungsprobe wurde vom Regisseur der Ablauf erklärt und wie man sich zu verhalten hat, wenn man vorne auf die Bühne zur Preisübernahme gehen darf. Die Schulen sollten in Dreiergruppen vorgestellt werden, wovon immer eine Preisträgerschule dabei wäre. Aus den fünf Preisträgerschulen würde die Gewinnerschule benannt. Dann war wieder Pause. Fast alle blieben still auf den rückenlosen Sitzbänken. Die fünf Höhscheider Delegierten tummelten sich im Zuschauerraum bei den anderen wo sie von unserer Schuljury, Sylvia Löhrmann (ehemalige Schulministerin aus Solingen) und unserem Solinger Bundestagsabgeordneter Ingo Schäfer begrüßt wurden. Aufmerksamkeit und neue Kontakte hatten wir also schon gewonnen.
Nach einigen Minuten, die im Flug vergingen, begann der Livestream der Siegerehrung. Die Nervosität erreichte ihren vermeintlichen Höhepunkt. Mit feuchten Händen saßen wir auf unseren Bankreihen im Hintergrund des Moderators. Und es ging direkt richtig los. Wir waren in der ersten Dreiergruppe. Von den Schulen wurden 90 sekündige Videoeinspieler vorgestellt. Hmm, mir fehlten einige unserer vorhandenen Konzepte in unserem Film, die bei anderen vorgestellt wurden. Doch eine der vorher von uns favorisierten Schulen war auch in unserer Gruppe. Die Spannung stieg noch weiter. Die Laudatorin ging ans Rednerpult, öffnete den Umschlag und las die Preisträgerschule vor: IGS Buchholz. Herzlichen Glückwunsch nach Niedersachsen, doch wir waren es nicht. Was denkt ein Finalist bei einer Fußball WM, wenn er verloren hat? Ich hatte die ganze Preisverleihung Zeit darüber nachzudenken: Wir haben es geschafft nach Berlin zu kommen. Das ist eine großartige Auszeichnung für eine neu gegründete Gesamtschule, die noch keinen Abiturjahrgang verabschieden konnte. Wir haben so viele neue Menschen kennengelernt, bestärkende Rückmeldungen erhalten, eine zusammenschweißende Reise getätigt, 5000,- € Preisgeld und eine Urkunde mit Anhänger für die Vitrine erhalten… Wow, ich bin stolz auf das Erreichte!
So werde ich doch noch meine Worte los, die ich im Fall des Sieges im Blitzlichtgewitter der Weltpresse den Journalisten in die Feder diktieren wollte. Sie standen auf einen Karton und steckten für den Ernstfall in meiner Gesäßtasche: „Willst Du schnell ankommen, dann gehe alleine. Willst Du weit kommen, dann gehe mit mehreren. Vielen Dank an alle, die diesen weiten Weg ermöglicht haben.“
Beim Deutschen Schulpreis werden wir wieder teilnehmen.